Authentizität oder die Suche nach sich selbst
Authentizität gilt als geschätzte Eigenschaft sowohl im persönlichen als auch im beruflichen Kontext. Erwartet wird die Stimmigkeit zwischen dem sichtbaren Verhalten und der inneren Einstellung. Fragen wie „Wer bin ich und woher weiß ich, was ich wirklich will?“ beschäftigen uns immer wieder und haben sogar eine sinnstiftende Funktion in der Lebensgestaltung. Zu sich selbst, seinen Fähigkeiten und Wünschen zu stehen, braucht schon eine Portion Mut und eine gute Selbstwahrnehmung. Insbesondere bei abschweifenden Gedanken beschäftigen wir uns oft in irgendeiner Form mit uns selbst. Dabei wandern wir gedanklich in die Zukunft oder in die Vergangenheit. Durch die vorwärts und rückwärts gerichtete Betrachtung von Situationen, ordnen wir unser Erleben mit den unterschiedlichen Gefühlen und Gedanken ein.
Gesellschaftlich wird Authentizität auch als kommunikative Leitkultur angesehen. Doch diese Tugend braucht „Bedachtsamkeit“ im Sinne von Sensibilität und Diplomatie für die Situation und eigene Person. Mit sich selbst, den eigenen Vorstellungen und Werten im guten Kontakt zu sein, und dabei das Umfeld mit seinen Maßstäben „verstehen“ zu lernen, ermöglicht eine zielführende Interaktion. Ein Leitgedanke könnte sein, „den Menschen im System und das System im Menschen“ zu beachten, um Stimmigkeit zu schaffen. Dabei können manchmal sogar kleine Unehrlichkeiten als sozialer Kitt dienen, denn nicht jede Situation lädt zur Selbstoffenbarung ein. Nicht alles was für einen selbst innerlich als wahr erscheint, sollte gesagt werden, um den Takt zu wahren. Zugleich sollte der Wahrheit entsprechen, was gesagt wird. Für die Weiterentwicklung lohnt es sich, mutig die eigene Komfortzone zu verlassen und „sozialverträglich“ nicht konform zu sein.
Ein gutes Selbstmanagement nutzt sowohl kognitive als auch intuitive Rückmeldungen. Wenn das sogenannte Bauchgefühl ebenso wie die verstandesmäßigen Rückmeldungen berücksichtigt wird, fällt eine Selbstregulation leichter. Beide Bewertungssysteme äußern sich mit positiven und negativen Signalen, die für die Herstellung von Stimmigkeit genutzt werden können.
Selbstverwirklichung ist mit Selbstakzeptanz – auch von den Seiten an sich, die man weniger mag – verbunden. Eine authentische Selbststeuerung könnte den eigenen Idealen folgen und dabei die eigene Autonomie verantwortungsbewusst für persönliche Freiräume nutzen. Zugleich ist die Stimmigkeit von Situation und den Menschen in ihr im Blick zu behalten. Denn je nach Situation, werden bei uns und dem Gegenüber unterschiedliche Erinnerungen und Erfahrungen wachgerufen, die unser Verhalten beeinflussen. Mit uns selbst im Einklang zu sein, gelingt spannungsloser, wenn wir uns selbst und Anderen mit allen wahrgenommenen Unterschieden wertschätzend begegnen.
So stellt sich letztlich die Frage: Was kann ich mit mir – meinen Werten, Glaubenssätzen, Bedürfnissen und meinem Gewissen – und den Erwartungen meines Umfeldes – gesellschaftliche Normen, Regeln und Anforderungen – vereinbaren? WOZU fordert mich die Situation heraus? WOFÜR möchte ich künftig meine Kompetenzen einsetzen? Das kann und muss jeder für sich werte- und sinnorientiert immer wieder neu beantworten, um kongruent zu sein.
Tauchen diese Fragen im Coaching, der Beratung oder Supervision auf, ergibt sich die Möglichkeit, neben der Selbstreflexion und Wahrnehmung des inneren Teams bzw. der inneren Seiten auch den äußeren Kontext zu erfassen, um die eigene Kommunikation und Interaktion zielführend zu gestalten.